Freitag, 21. Oktober 2016

Butterfresse

Bon­jour, hello, guten Tag! Hier notiert ei­ne Fran­zö­sisch­dol­met­sche­rin und -über­set­ze­rin kleine Randbemerkungen aus dem sprachbetonten Alltag. (Ich übersetze auch aus dem Englischen.)

Neulich im Kiez, als die Schriftstellerdichte, die gerade bei der Buchmesse in Frank­furt (Main) erhöht ist, aus anderen Gründen in Berlin erhöht war. Ich zeige einem berühmten Schriftsteller mein Viertel. Er möchte wissen, wie wir in Berlin leben, einen dreiviertel Tag lang streifen wir also durch mein "Dorf". Gehen banale Wege ab, Schule, Kirche, Kantine, Wochenmarkt, Eckkneipe, Kaufhaus, Post. Sitzen auf der Bank, beobachten Passanten. Bummeln durch das Viertel.

Eine Vollverschleierte, eine Elegante, Arm in Arm (und unscharf)
Andere Passantinnen im Kiez
Eine Zeitlang gehen wir hinter einer ele­gan­ten jungen Dame her. Er fängt an, mir frei erfunden die Geschichte dieser Person zu er­zäh­len. Es wird sehr drollig. An der Ampel stehen wir kurz hinter ihr. Da wird sie von einem Bekannten angesprochen, aus der Ferne angerufen, "He, Carlita!" Den Na­men kenne ich von der Gattin eines fran­zö­si­schen Ex-Präsidenten.
Besagte Passantin dreht ich um und starrt uns mit einen Gesicht an, das in bösem Gegensatz zu dem Eindruck steht, den sie uns bislang vermittelt hat. Auch hier hat sich offenbar ein Schönheitschirurg aus­ge­tobt. Sie sieht aus wie das er­wach­se­ne Kind von Michael Jackson und Frau Dr. Bo­tox. (Hier ein anderer Beitrag zum The­ma.)

Als wir einige Distanzmeter zwischen ihr und uns eingelegt haben und nach einigen Schrecksekunden sprudelt mein Gast weiter. Er kommentiert das Gesehene trocken mit "von hinten Lyzeum, von vorne Museum".  Seine Frau, sie stammt aus den USA, er­gänzt meinen Sprachschatz um das Wörtchen butterface  ...  but her face ..., hübsche Erscheinung, aber ihr Gesicht ... Die anderen Witze, die hier jetzt folgen, sind politisch unkorrekt und beziehen sich auf die Verwendung von Textilien, um äußerliche Makel zu kaschieren und sich dabei vielleicht sogar den Anschein re­li­giö­ser Tugend zu geben ...

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Foto: C.E.

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